Was wäre, wenn…
Kapitalmarkt-Standpunkt von Kai Jordan, Vorstand der mwb
Wertpapierhandelsbank AG
Das Duell „Sleepy Joe“ gegen „Donald fight, fight,
fight“ ist seit dem 21.07.2024 um 19.45h MEZ Geschichte.
Altersstarrsinn hin oder her, Joe Biden sprangen die potenten
Spender ab und ohne Geld lässt sich in den USA kein Wahlkampf
bestreiten. Die schlechten Umfragewerte hätte er wie so viele
andere Dinge klein geredet. Jetzt soll es also (vielleicht)
Kamela Harris richten - die womöglich letzte Hoffnung einer
panischen demokratischen Partei. Vielleicht der
Gamechanger?
Aber Harris ist ebenfalls ein Risiko für die
Demokraten, obwohl das demokratische Establishment Sie in den
letzten Wochen wiederentdecken musste und auf einmal abfeiert. Denn
frei von peinlichen Pannen sind auch die Auftritte der
Vizepräsidentin nicht – wie peinliche Kurzvideos im Netz
dokumentieren.
Es kann aber gut sein, dass Donald Trump diese Wahl –
vielleicht sogar deutlich – gewinnt. Wir nehmen in den
deutschen Medien schon wieder eine Tendenz war, die wir in den
letzten Jahren bei vielen großen einschneidenden Entscheidung
wahrgenommen haben: Was nicht sein darf, kommt auch nicht. BREXIT
oder die erste Wahl von Trump – bis zuletzt säuselten die
Medien-Auguren ein „Nope“ ins Auditorium.
Also beschäftigen wir uns in diesem Standpunkt mit dem „Was
wäre, wenn“. Einfach wird dies nicht, denn die erste Amtszeit
und auch die Jahre davor und danach haben uns gezeigt, dass Trump
nur in einer Hinsicht berechenbar ist: das, was er einmal äußert,
lässt er sich auch nicht mit guten und berechtigten Argumenten
wieder ausreden. Dies zeigt er auch gerne durch seine neue rote
Mütze, die mit folgendem Spruch verziert ist: „Trump Was Right
About Everything“.
Es ist davon auszugehen, dass Trump wieder auf seine
protektionistische Handelspolitik setzen wird. Nicht, dass
Joe Biden da völlig anders gewesen wäre. Seine Strafzölle für
chinesische Elektroautos oder das Ultimatum an TikTok, das den
chinesischen Mutterkonzern Bytedance der Plattform zwingt, sich von
seinen Anteilen zu trennen, sind eben auch purer
Protektionismus.
Dennoch warnen große amerikanische Banken davor, dass Trumps
noch rigidere Politik zu einer deutlich höheren Inflation in den
USA führt. Die härtere Migrationspolitik würde dazu führen,
dass sich die Situation auf dem ohnehin schon angespannten
Arbeitsmarkt noch einmal zusätzlich verschärft. Dadurch könnten in
Amerika die Löhne steigen, was zu höheren Preisen führt.
Trump würde massiv die Unternehmenssteuern senken und für
niedrige Zinsen „sorgen“. Eine erneute Konfrontation mit der FED
scheint dann vorprogrammiert zu sein. Er würde Feinde und
Verbündete gleichermaßen unter Druck setzen, um bessere
Handelsbedingungen zu erzielen. In einem Interview hat Trump
kürzlich gesagt, dass er im Falle eines Sieges Jerome Paul bis zum
Ende seiner Amtszeit im Mai 2026 die FED weiter leiten lasse.
Vielleicht eine versteckte Drohung. Staatliche Kontrollen und
Regulierungen würden komplett zusammengestrichen. Zu teuer und
unnötig. Trump versendet lieber Partyeinladungen mit dem Motto
„Turbokapitalismus“.
Die isolationistischen Züge von Trump führen zu
gesteigerter Besorgnis in Europa und Asien. Er pflegt lieber seine
Beziehungen zum chinesischen Präsidenten Xi Jingping und zum
russischen Präsidenten Putin. Der Schutz von Taiwan erscheint
ihm nicht pekuniär lohnend. Vor ein paar Tagen hat sich Trump
in einer Rede über die Verteidigungspolitik Taiwans geäußert. Dort
befindet sich der weltweit größte Produzent von Computerchips TSMC.
Der Börsenwert des Unternehmens sowie der gesamten Tech-Branche ist
daraufhin deutlich gefallen. Die Nasdaq hat zeitweise ihren größten
Verlust seit dem Jahr 2022 hinnehmen müssen. Und um die
Ukraine haben sich sowieso die Europäer, vorneweg
Deutschland, zu kümmern.
Wahrscheinlich würde sich mit dem 47. Präsidenten der USA Donald
Trump die schon jetzt nicht komfortable wirtschaftliche
Situation für Deutschland noch einmal verschlechtern. Durch
mehr Zölle möchte Trump mehr Produktion in die USA verlegen. Es ist
zu erwarten, dass deutsche Unternehmen, um auf dem wichtigen
amerikanischen Markt erfolgreich zu bleiben, ihre Produktion auf
die andere Seite des Atlantiks verlagern. Das gilt
insbesondere für die Automobilproduktion, die Chemieindustrie und
den Maschinenbau. Das bedeutet einen Jobabbau in Deutschland.
Damit könnte der Arbeitsmarkt unter Druck geraten. Gut
bezahlte Industriearbeiter müssten mit Einbußen rechnen, wenn Sie
ihren Job verlieren und eine schlechter bezahlte Stelle annehmen
müssen. Das würde das gesamte Lohnniveau in Deutschland nach unten
drücken.
Wie sich die europäische und deutsche Zinspolitik bei
einer erneuten Regierungszeit Trumps entwickelt, ist ungewiss. Alle
gehen davon aus, dass die Inflation in den USA angeheizt wird, die
Staatsschulden weiter erhöht werden und damit eigentlich die Zinsen
der FED Minimum auf hohem Niveau belassen werden müssen.
Mittelfristig drohen sogar noch höhere US-Zinsen. Das könnte
dann auch in Europa passieren, wenn die EZB reagieren muss. Dies
würde wieder Kredite – auch Baukredite – verteuern und wäre damit
ein weiterer konjunktureller Hemmschuh.
Wird Donald Trump der 47. Präsident der USA sind in
absteigender Reihenfolge drei Dinge gewiss: Trump First.
Trump Was Right About Everything. America First. Trump ist nun
der „Old Guy“ in diesem Rennen und die Prognosen für die Demokraten
haben sich nach dem Abtritt von Biden stark erhöht. Die jüngsten
Supreme-Court-Entscheidung zur Immunität von US-Präsidenten
ermöglichen praktisch die Demokratie abzuschaffen und Trump steht
mehr als im Verdacht genau das vorzuhaben. Diese Wahlen sind evt.
die letzten wirklich freien und unmanipulierten Wahlen in den
USA.
Erste seriöse Rechtsgelehrte ziehen Vergleiche mit dem
Ermächtigungsgesetz und in Bundesstaaten wie Kalifornien oder Texas
sprachen sich zuletzt in Umfragen bereits rund 30 % der Bürger für
eine Sezession – eine Spaltung der USA aus. Diese Konstellation
muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Wir empfehlen mit dem
„Unmöglichen“ zu rechnen und sich zu wappnen. Eine wirtschaftliche
und verteidigungspolitische Vogel-Strauß-Politik nutzt Niemanden
und spielt auch in Europa den extremen politischen Rändern in die
Hände. Es wird Zeit Wahlversprechen einzuhalten: „Wer bei
mir Führung bestellt, bekommt Sie auch.“
Zu mwb:
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