Geprüft
Mittlerweile duckt man sich und hofft das der Sturm vorbeizieht.
Egal ob rückwirkend oder in die Zukunft gerichtet:
Schnell ist der Vorwurf gemacht. Das hättet ihr doch wissen
müssen. Ihr als begleitende Bank habt doch vor der Emission eine
Due-Diligence durchgeführt. Und da soll Euch wirklich nichts
aufgefallen sein? Die Kommunikationsagentur hat die Unterlagen doch
auch ausgiebig eingesehen. Nichts gemerkt? Die Juristen, die den
Prospekt erstellt haben, müssten doch auch etwas mitbekommen haben.
Alles Vorwürfe von „geschädigten“ Anlegern und der Medien, die
häufig vorschnell den Zeigefinger erheben, ohne die gesamte
Wahrheit zu kennen.
Im Wirtschaftsleben kommt es auf korrekte Zahlen an.
Besonders dann, wenn Firmen beispielsweise an die Börse gehen,
Fremdkapital – egal, ob als Kredit oder als Anleihe – aufnehmen,
ein anderes Unternehmen kaufen oder, neuerdings in Mode gekommen,
um staatliche Hilfen ersuchen. Ob Geldgeber oder Geschäftspartner:
Alle müssen sich darauf verlassen können, dass die Bilanzzahlen
stimmen. Dafür gibt es Wirtschaftsprüfer, die den Firmen
korrekte Zahlen bestätigen.
Aber das Brennglas wird eigentlich immer nur auf die
„Big Five“ der Wirtschaftsprüfer gerichtet: PwC, EY, KPMG,
Deloitte und BDO. Es wird auf die Vermischung von Beratung und
Prüfung hingewiesen. Denn, wie ist ein Testat zu bewerten, wenn
gleichzeitig ein lukrativer Beratungsauftrag vorhanden ist?
Ein relativ frischer „großer“ Skandal ist die
Wirecard-Pleite und dabei die unsägliche Rolle von
EY. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft war wohl mehr als
ein Jahrzehnt „williger“ Gehilfe der Unternehmensführung bei dem
Aufbau eines Kartenhauses, was die deutsche Aufsichtsbehörde Apas
in ihrem nichtöffentlich zugänglichen Prüfungsbericht Ende des
Jahres 2023 wohl deutlich moniert hat. Glücklicherweise für EY ist
aber auch festgestellt worden, dass zwar Pflichtverletzungen
stattgefunden haben: Fahrlässigkeit – aber kein Vorsatz.
Dieser Aspekt ist von grundsätzlicher Bedeutung, denn bei
vorsätzlichen Pflichtverletzungen greift die gesetzliche Begrenzung
der Haftung von Wirtschaftsprüfern nicht. Dem Apas-Bescheid
dürfte auch einige Bedeutung für zivilrechtliche
Auseinandersetzungen zukommen. Die Commerzbank will rund 200
Millionen Euro von EY erstreiten. Die Aktionärsvertretung DSW
reichte eine Klage über 700 Millionen Euro ein und - last but not
least – hat der Wirecard-Insolvenzverwalter eine Schadenersatzklage
gegen EY über 1,5 Milliarden Euro eingereicht.
Ein besonders absurder Fall ist schon ein paar Jährchen her. EY
wurde 2002 von der Bafin für eine Sonderprüfung bei der Phoenix
Kapitaldienst GmbH beauftragt und führte diese im Herbst durch.
Hier ging EY wohl durch die Lappen, das ein entscheidendes Konto
garnicht existierte. Gerüchtweise gab es auch mit Tipp-Ex
manipulierte Kontoauszüge. Erst nach Wechsel der Geschäftsführung
bei Phönix im Jahr 2005 meldete diese die „Differenz“ bei der Bafin
und diese beantragte kurz darauf die Insolvenz und erklärte den
später stark umstrittenen „Entschädigungsfall“ durch die
Entschädigungseinrichtung der Wertpapierfirmen (EdW). Diese
klagte gegen EY weil aus ihrer Sicht der Eintritt des
Entschädigungsfalles bereits spätestens im Mai 2003 und nicht erst
im Frühjahr 2005 festgestellt worden wäre, wenn pflichtgemäß
geprüft worden wäre. Dann hätte die Klägerin wesentlich geringere
Entschädigungen leisten müssen.
Die Klage der EdW wurde sowohl vom Landgericht als auch vom
Oberlandesgericht Stuttgart abgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat
die Revision der EdW zurückgewiesen.
Nach der Ansicht des Bundesgerichtshofes könne die Klägerin aus
dem zwischen der BaFin und EY geschlossenen Vertrag keine Ansprüche
herleiten. Denn der Vertrag zwischen der Bafin und der beklagten
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft entfalte keine Schutzwirkung
zugunsten der EdW, da – vereinfacht dargestellt – die EdW nicht
Vertragspartei war sondern die Bafin und dieser ja kein Schaden
entstanden sei. So blieben die EdW bzw. die hier Beitrags- und
Sonderumlagepflichtigen Wertpapierfirmen auf dem Verlust
sitzen.
Die „Big-Five“ und die Großmandate sind aus unserer Sicht aber
nur die Spitze des Eisbergs. Auch kleinere
Wirtschaftsprüfungsgesellschaften machen möglicherweise „Fehler“;
dann eben bei mittelständischen Unternehmen. Hier sind ebenfalls
langjährige Beziehungen entwickelt worden. So hat ein eher
mittelständischer Wirtschaftsprüfer eine Markenrechts-Forderung der
Firma Zamek über 6 Millionen Euro 2013 als werthaltig
testiert. Das Unternehmen musste noch im selben Jahr Insolvenz
anmelden. Ein eher amüsanter Fall – außer eben für Anleger,
Lieferanten und Mitarbeiter. Zamek hat einen türkischen Produzenten
von Tütensuppen und Säften mit Namen Tamek vor dem
Landgericht Düsseldorf verklagt, wegen der Namensähnlichkeit und
der selben farblichen Produktausstattung. Und zwar auf 6 Millionen
Euro. Tamek widerrum hat mittlerweile Gegenklage eingereicht und
macht geltend, dass Tamek teilweise in verschiedenen Märkten schon
lange vor Zamek existent gewesen sei – also der Markenname älter
sei. Der Fall ist heute (2024) unseres Wissens noch anhängig. Aber
auf jeden Fall ist die Deklaration als „werthaltige Forderung“, die
der Bilanz zu einer „schwarzen Null“ verholfen hat, fragwürdig. Das
konnten Berater der Mittelstandsanleihe nicht absehen.
Schauen wir zurück und sehen uns die Insolvenz von
KTG-Agrar im Jahr 2016 an. Das bei Sigi Hofreiter nicht
alles koscher wirkte, war vielen klar. Auch den beratenden
Unternehmen. Aber KTG-Agrar konnte immer wieder auf die Testate der
Wirtschaftsprüfer hinweisen. Erst kurz vor der Insolvenz hat die
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Möhrle Happ Luther in einer
Pflichtmitteilung die Bestätigungsvermerke für den Jahres- und
Konzernabschluss widerrufen. Der Grund: „Dass der Rechtsschein
der Werthaltigkeit von Vermögensgegenständen zum Zeitpunkt der
Erteilung des Bestätigungsvermerkes am 12. Mai 2016 und damit
vor Einleitung eines Insolvenzverfahrens beseitigt werden
solle.“ Bestes Juristendeutsch. Oder laienhaft ausgedrückt: Da
rudert aber einer gewaltig zurück und möchte nicht in den Strudel
geraten.
Ganz aktuell die Klage auf Schadensersatz in Höhe von 16
Millionen Euro des Insolvenzverwalters Rüdiger Weiß gegen die
ehemaligen Wirtschaftsprüfer der Deutschen Lichtmiete AG.
Aus Sicht des Insolvenzverwalters wäre die Deutsche Lichtmiete und
ihre drei operativen Töchter zum 31.12.2019 insolvent gewesen.
Dennoch wurde erfolgreich geprüft und testiert. Berater und Anleger
haben sich auf diese Testate verlassen. Ein vom Insolvenzverwalter
in Auftrag gegebenes Gutachten kommt zu dem Schluss, dass zum
31.12.2019 für das Unternehmen keine positive
Fortführungsprognose bestanden habe. Damit sind auch alle
folgenden Jahresabschlüsse der DLM ungültig. Die
Gerichte haben das Sagen.
Kapitalmarktberater machen Fehler. Nicht jede Due-Diligence ist
wirklich gut. Die handelnden Personen in einem Unternehmen, das auf
den Kapitalmarkt drängt, wirken nicht immer seriös und
vertrauenswürdig. Diese Dinge können zu Recht kritisiert werden.
Aber Niemand sollte vergessen, dass es für alle Berater sehr
schwierig ist, ein geprüftes und testiertes Unternehmen
nicht am Kapitalmarkt zu unterstützen. Manchmal hat man ein
ungutes Gefühl – schaut sich aber dann noch einmal die
Jahresabschlüsse und die Prognosen der Wirtschaftsprüfer an und
kommt zu dem Schluss, dass man sich vielleicht täuscht. Zum Glück
hat man zumeist auch Recht. Aber diese Fälle werden nicht so
öffentlichkeitswirksam, denn machen wir uns nichts vor: „Bad
news are good news“ und treiben die Auflagezahlen oder die
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Zu mwb:
Die mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank AG ist ein von der
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zugelassener Wertpapierdienstleister mit Niederlassungen in
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Heute ist die mwb-Aktie (ISIN DE000A3EYLC7, WKN A3EYLC) an der
Börse München im Segment m:access notiert wie auch im Freiverkehr
an den Börsen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt (Basic Board), Hamburg
und Stuttgart. mwb ist in zwei Geschäftsbereichen aktiv:
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