„Der Greis ist heiß“ (nicht nur der
Greis… )
Kapitalmarkt-Standpunkt von Kai Jordan, Vorstand der
mwb Wertpapierhandelsbank AG
„Alte Männer sind gefährlich, denn
die Zukunft ist egal“ sang Udo Lindenberg in seinem Song „der Greis
ist heiß“. Und sehr viele Beobachter gerade in Europa bewerten das
Ergebnis der US-Wahl ähnlich. In der Tat wirken die
antidemokratischen Ankündigungen des „MAGA-Präsidenten“ wie vieles
andere auch „bedrohlich“ und ob diese gesellschaftlichen und
politischen Entwicklungen in USA insgesamt für eine gedeihliche
Entwicklung hilfreich sind, wird hinreichend diskutiert. Wir wollen
uns hier aber mit den Auswirkungen im Falle der Umsetzung der
Wahlversprechen des Herrn Trump auf die Kapitalmärkte befassen.
Denn hier wird es ebenfalls spannend.
Denn wir hatten ja bereits im Juli
die Glaskugel bemüht und in unserem Standpunkt „Was wäre, wenn“
vieles vorhergesagt was sich nun konkretisiert. „Don’t get us wrong
here“ – wir hätten lieber unrecht behalten. Die Rechnung, die das
amerikanische Volk für die MAGA Politik am Ende zahlen wird, könnte
astronomisch sein. Die protektionistische Politik und damit
verbundene Zölle dürften die Inflationsspirale ebenso anheizen wie
die migrationsfeindliche Politik die Löhne. Der US-Anleihemarkt
nimmt diesen „Trump-Trade“ seit Wochen vorweg und die Renditen sind
seit September bereits deutlich angestiegen auf mittlerweile gut
4,5 % für 10 Jahre. Auch der deutsche Zins kann sich – EZB hin -
oder her - diesem nicht entziehen und der Bund Future handelt
bereits wieder auf den alten Tiefs. Die Aktien reagieren derweil
positiv auf die zunächst unternehmensfreundlich erscheinende
Agenda die Deregulierung - nicht nur im Bankensektor verspricht.
Die US-Finanzaktien waren mit dem größten Gewinner mit Kurzuwächsen
zwischen 10 - 20 %; in der Hoffnung auf höhere Zinsen aufgrund der
ausufernden Staatsverschuldung.
Trump wird sehr darauf achten wollen,
dass seine „Inthronisierung“ optisch von einer weiteren
Aktienrallye begleitet wird. Trumps Versprechen, die
„Federal-Corporate-Tax“ von 21 % auf 15 % zu senken könnte die
Gewinne im S&P 500 zwar um 4 % treiben, wie Goldman
Sachs im September errechnet hat. Aber dieser Effekt dürfte durch
steigende Finanzierungskosten neutralisiert werden.
Denn die angekündigten Zölle auf
Importe aus China in Höhe von 60 % würden nach JPMorgan
alleine den Gewinn im SP500 um USD 15,00 belasten und damit die
Hälfte der erwarteten Gewinnsteigerungen für 2025 wieder
ausradieren. Einer bereits vor der Wahl bekanntgewordenen
„Maximalplan für allgemeine Zollerhebungen“ von 20 % dürfte das
US-GDP um rund 0,8 % belasten, schreiben die Ökonomen von
Bloomberg, und zwar unter der Annahme, dass nur China
Vergeltungszölle erhebt. Auch die Strategen von JP Morgan schätzen
die Auswirkungen all dieser Zollpläne deutlich belastender ein als
vor 8 Jahren, da sich Konjunkturzyklus und Kapitalmarkt in einer
wesentlich weiter fortgeschrittenen Phase befinden. So hat der
sogenannte „Trump-Trade“ (ergo die Entwicklung der Märkte gerade in
den letzten Wochen) die Bewertungen schon an ein Top-Level gehoben
und lassen weitere Stimulanz durch fiskalische Maßnahmen deutlich
ambitionierter erscheinen.
Die angekündigten Maßnahmen der
Trump-Administration dürften das ja ohnehin schon astronomische
Haushaltsdefizit im US-Schuldenbabel in der kommenden Dekade
um weitere 7,75 Billionen USD anschwellen lassen. Eine
Vervierfachung. Aber kein Problem für Trump, der ja seinen Einfluss
auf die Gelddruckmaschine FED ausweiten will und in einem Interview
vor kurzem zum Besten gab, das „er es normal finden würde, wenn der
Präsident dem FED Chairman mitteilt, wie er sich die
Notenbankpolitik vorstellt“. Na dann!
Mehr als pikant in dem Zusammenhang
die Rolle von Elon Musk. Der milliardenschwere Unternehmer
hatte über 130 Millionen Dollar in Trumps Kampagne investiert und
im Gegenzug einen Posten versprochen bekommen. Er hat bereits
gewonnen, denn die Aktien seiner Unternehmen gingen bereits durch
die Decke. Er steuert ein Imperium von 6 Firmen und SpaceX
beispielsweise partnert bereits heute sehr eng und milliardenschwer
mit der NASA und dem Verteidigungsministerium. Tesla kämpft aus
gutem Grund bisher sehr stark mit Regulierung wegen der Probleme
beim autonomen Fahren und Robotaxis. Man darf gespannt sein (oder
auch nicht). Warren Buffet sagte bereits vor Jahren: „There's class
warfare, all right, but it's my class, the rich class, that's
making war, and we're winning.“ Er bekommt wieder recht.
Klar, auch hierzulande besteht ein
großer und wichtiger Wunsch nach mehr Unternehmern in der doch sehr
von Beamten dominierten Politik. Aber vielleicht sollten wir
unseren Wunsch mit dem Begriff „seriös“ konkretisieren.
Und welche Sektoren profitieren?
Alles, was noch 2021 jedem ESG Beauftragten die Haare zu
Berge hätten stehen lassen. Das wird sich fortsetzen mit einer
Perfomance die den globalen Temperaturanstieg überholt. Zwei Dinge
sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber
bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher (Albert
Einstein).
Zusammengefasst dürfen die Ergebnisse
der Ankündigungen von Trump den „Concerns“ der meisten Wähler in
den USA diametral entgegenstehen, z.B. beim Thema Inflation. Aber
das sich Wahlentscheidungen und Programmatik widersprechen kennen
wir ja gerade in jüngster Zeit hierzulande auch zunehmend. Es
erinnert mich alles an die „Gespenster-Geschichten Comics“ die in
meiner Jugend populär waren. Am Ende stand immer der Satz:
„Seltsam, aber so steht es geschrieben“. Aber vielleicht gelten
auch in USA die alten Gesetze nach der Wahl: „was interessiert
mich mein Geschwätz von gestern“. Wir werden sehen.
Nicht nur der „Greis ist heiß“
sondern auch die politische Lage in Deutschland: es überschlagen
sich die Ereignisse. Die „Fortschrittskoalition“ des „wer bei mir
Führung bestellt bekommt sie auch“ Kanzlers (The short man) hat
erkannt, dass sie und das Land eben führungslos auf ein Riff
zusteuern. Ja, einer muss das Ruder in die Hand nehmen und das
Schiff auf einer Seite links- oder rechtsherum steuern. Und es ist
grundsätzlich ja eine gute Sache, dem Souverän die Entscheidung
zurückzugeben. Nur fürchten wir auf Basis der aktuellen Demoskopie,
das eine wahrscheinliche Konstellation dazu führt das man sich wie
schon mehrmals gemütlich einrichtet und in einvernehmlicher
Harmonie der Kurs weiter geradeaus bleibt. Und wieder war es, als
hätten wir es „gerochen“ aber da waren wir auch nicht alleine (
https://www.bondguide.de/topnews/mwb-kapitalmarkt-standpunkt-populismus/
) . Dem Kanzler geht es wie immer nicht um das Land. Ab sofort ist
nur noch Wahlkampf.
Der Kanzler möchte noch ein paar
Beschlüsse durchbürsten, um mit diesen seine Wahlchancen (echt
jetzt?) zu verbessern. Der fiskalische Inflationsausgleich ist ein
FDP Projekt gegen die inflationsgetriebene „kalte Progression“.
Rentenstabilisierung, Asylpolitik und Industriehilfen sind weitere
Punkte. Ob er dafür eine Mehrheit bekommt, ist reine
Wahlkampftaktik. Weil bekommt er Stimmen von CDU oder gar FDP kann
er sich feiern, andernfalls die anderen verurteilen. Was Scholz dem
Souverän vorenthält: „Der Bundestag muss für das laufende Jahr noch
einen Nachtragshaushalt beschließen - sonst könnte eine
Haushaltssperre drohen.“ Denn auch der Haushalt für 2025 ist noch
nicht „im Sack“. 2025 startet also wahrscheinlich mit einer
vorläufigen Haushaltsführung, während der man sich auf das nötigste
beschränken muss. Und damit der Kanzler seine Wahlkampfshow
aufführen kann drohen dem Lande insgesamt noch Monate
Stillstand.
Denn selbst wenn im März dann gewählt
würde, bis die sodann sicher fälligen Koalitionsverhandlungen zum
Abschluss kommen blühen bereits die Krokusse. Wie auch immer es
kommt, eine für den Kapitalmarkt aus unserer Sicht erstrebenswerte
Gesetzgebung der Ampel wird nun zuversichtlich im parlamentarischen
Prozess scheitern: „das Altersvorsorgedepot“. Derweil
registrieren wir mit Verkehrsminister Wissing den ersten Überläufer
auf das sinkende Ampelschiff. „Seltsam, aber so steht es
geschrieben“. Aber es gibt auch einen Lichtblick: man hört von
einem Ende des Ukrainekonfliktes? Ob das realistisch ist? Wir
wissen es nicht. Aber die Folge wäre eine drastische Entspannung
gerade bei den Energiepreisen. Heißt es auch in Moskau: „Der
Greis ist heiß“?
Zu mwb:
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