Die Scherzer & Co. AG ist Aktionärin der Rocket Internet SE.
Sie hat am 08. Juli 2024 nachfolgendes Schreiben an den
Aufsichtsrat der Gesellschaft per E-Mail versandt:
An den
Aufsichtsrat der Rocket Internet SE
Herren Soheil Mirpour, Gregor Janknecht und Timo Klein
cc Herrn Oliver Samwer
Charlottenstraße 4
10969 Berlin
Köln, 08. Juli 2024
Scherzer & Co. AG: Offener Brief an den Aufsichtsrat der
Rocket Internet SE,
Herrn Oliver Samwer zur Kenntnis
Sehr geehrter Herr Mirpour, sehr geehrter Herr Janknecht, sehr
geehrter Herr Klein,
wie Sie vermutlich wissen, ist die Scherzer & Co. AG seit
einigen Jahren Aktionärin der Rocket Internet SE. Mit den Stimmen
der Global Founders Group (Oliver Samwer) und gegen unsere Stimmen
und die fast aller Streubesitzaktionäre sind Sie in der
ordentlichen Hauptversammlung der Rocket Internet SE am 26. Juni
2024 zum neuen Aufsichtsrat der Gesellschaft gewählt worden.
Es dürfte Ihnen bekannt sein, vielleicht haben Sie es sogar live in
der leider in virtueller Form durchgeführten Hauptversammlung
beobachtet, dass wir den abgetretenen Aufsichtsratsvorsitzenden
Herrn Professor Englert in der Versammlung mehrfach aufgefordert
haben, Sie wenigstens per Telefon zuzuschalten. Wir hätten sehr
gerne von Ihnen erfahren, wer Sie sind, warum Sie für das Amt zur
Verfügung stehen und vor allem, wie Sie zukünftig Ihre Rolle als
Aufsichtsorgane der Rocket Internet SE sehen und die Interessen
aller Aktionäre, also auch die des Streubesitzes, vertreten
wollen. Leider war offenbar keiner von Ihnen bereit, sich unseren
Fragen zu stellen, obwohl bei einer Dauer der Veranstaltung von 9
Stunden dazu ausreichend Zeit gewesen wäre. So möchten und müssen
wir auf diese Weise den Kontakt zu Ihnen aufnehmen.
Sehr geehrter Herr Mirpour,
Sie haben 6 Jahre lang als CIO der Rocket Internet SE unter Herrn
Samwer als CEO der Gesellschaft gedient. Nach Ihrem geräuschlosen
Abschied im vergangenen Jahr tauchen Sie nun wieder überraschend
als Chefaufseher unseres Alleinvorstandes Oliver Samwer bei unserer
Gesellschaft auf. Sie schreiben in Ihrem LinkedIn-Profil, dass Sie
Ihr Amt als Aufsichtsratsvorsitzender der Rocket Internet SE als
Vollzeitposition verstehen. Wirklich? Für ein Jahreshonorar von
10.000,00 Euro, nachdem Ihr Vorgänger mit 125.000 Euro honoriert
wurde?
Sehr geehrter Herr Janknecht,
Sie haben fast 10 Jahre lang als Finance Manager und VP Finance
& Investment Controlling mit Herrn Samwer gearbeitet. Sie
bezeichnen Ihre Tätigkeit als stellvertretender
Aufsichtsratsvorsitzender der Rocket Intern SE in LinkedIn als
„freiberuflich“. Für magere 5.000,00 Euro pro Jahr! Wir kennen Ihre
Stundensätze als Freiberufler nicht, meinen aber, dass damit gerade
einmal Ihre Anwesenheit bei der nächsten Hauptversammlung
abgegolten wäre.
Sehr geehrter Herr Klein,
auch Sie haben als ehemaliger Partner der Global Founders Capital
eine als Organ, das Herrn Samwer als Vorstand zu beaufsichtigen
hat, ungesunde Nähe zu ihm.
Sehr geehrte Aufsichtsräte,
Sie haben ein Amt übernommen, das mit umfassenden gesetzlichen
Treuepflichten (strafbewehrt bei Verstoß gegen dieselben) und einer
hohen Verantwortung gegenüber allen Aktionären verbunden
ist. Der Risiken, die damit für Sie persönlich verbunden sind,
sollten Sie sich sehr bewusst sein. Nicht umsonst hat die D&O
Versicherung der Rocket Internet SE eine Versicherungssumme in Höhe
von 100 Mio. Euro, die im Übrigen im höchst auffälligen Gegensatz
zu Ihrer Aufsichtsratsvergütung steht. Wir fordern Sie auf, zu
zeigen, dass Sie dieses Amt nicht nur zum Gefallen für Ihren engen
Weggefährten Oliver Samwer übernommen haben, wofür es leider
mindestens Indizien gibt.
Sie haben eine Reihe von Beschlüssen der letzten Hauptversammlung
„geerbt“, die Ihre Vorgänger im Amt mitgetragen haben und auf
Nachfrage in der Hauptversammlung durch Herrn Professor Englert
noch einmal ausdrücklich befürwortet wurden. Deren sachgerechte und
faire Umsetzung haben Sie nun zu überwachen. So wurde der
Vorstand unter anderem ermächtigt, Wandel- und
Optionsschuldverschreibungen zu begeben und eigene Aktien zu
erwerben und über deren Verwendung zu entscheiden. Obwohl in der
Hauptversammlung mehrfach beteuert wurde, dass es sich hierbei um
reine Vorratsbeschlüsse handele, spricht die beeindruckende
Komplexität von deren Ausgestaltung eindeutig dagegen. Die
Tagesordnungspunkte 8 bis 10 der diesjährigen Hauptversammlung
sowie die Erläuterungen des Vorstandes zu denselben umfassen mehr
als 35(!) Textseiten in der Einladung und dürften die kreativen
Rechtsanwälte Hunderte von Stunden gekostet haben. Wir müssen davon
ausgehen, dass Herr Samwer plant, diese Ermächtigungen über kurz
oder lang auszunutzen.
Herr Samwer versucht seit inzwischen fast vier Jahren, den
Streubesitz aus der Rocket Internet SE zu drängen. Sein
offensichtliches Ziel dabei ist es, seine eigene Vermögenssituation
zu Lasten des Streubesitzes zu optimieren. Leider ist ihm dies bei
vielen institutionellen Investoren durch das unfaire
Delisting-Angebot zu einem Kurs von 18,57 Euro gelungen, weil
solche Investoren häufig keine unnotierten Werte halten dürfen und
verkaufen mussten, was Herrn Samwer natürlich bekannt war. Und dies
bei einem inneren Wert der Aktie, der wahrscheinlich zum damaligen
Zeitpunkt bei mehr als dem Doppelten lag.
Der Kurs der Rocket Internet Aktie in Hamburg leidet seitdem
darunter, dass die Verwaltung der Gesellschaft versucht, den
Streubesitz immer weiter vom Informationsfluss abzuschneiden. Die
Blockade erreichte mit Hunderten von nicht beantworteten Fragen in
der diesjährigen Hauptversammlung einen neuen Höhepunkt. Die Folge
davon ist, dass der Kurs der Aktie mit aktuell rund 14 Euro nichts
mehr mit dem tatsächlichen Wert des Unternehmens zu tun hat. Wir
wissen das, der alte Aufsichtsrat wusste das, Sie wissen das und
Herr Samwer weiß das am allerbesten.
Zum 31.12.2023 betrug das rechnerische Eigenkapital je Aktie im
Konzern rund 29,51 Euro. Darüber hinaus dürften erhebliche stille
Reserven vorhanden sein. Es ist davon auszugehen, dass der innere
Wert der Aktie heute deutlich über 30 Euro liegt. Alleine die
indirekt über einen Fonds gehaltene Beteiligung an SpaceX, die
mutmaßlich vor Jahren für 50 Mio. Euro erworben wurde, dürfte sich
vermehrfacht haben.
Vor diesem Hintergrund ist es besonders perfide, dass in der
Einladung zur diesjährigen Hauptversammlung im Zusammenhang mit den
oben erwähnten Ermächtigungen immer wieder auf den Kurs der Aktie
im Freiverkehr in Hamburg Bezug genommen wird. Schlimmer noch, Herr
Samwer wurde durch die Hauptversammlung mit den Stimmen „seiner“
Hauptaktionärin ermächtigt, Wandel- oder Optionsanleihen mit
Bezugskursen, die einen Abschlag von bis zu 20% auf einen
Referenzpreis der Aktie, der sich am Kurs in Hamburg orientiert,
auszugeben. Dabei soll sogar ein Bezugsrechtsausschluss möglich
sein. Auch eine Ermächtigung zur Platzierung zurückgekaufter
eigener Aktien mit einer vergleichbaren Regelung wurde
beschlossen.
Es liegt auf der Hand, dass der Streubesitz bei der Ausnutzung
einer solchen Ermächtigung, insbesondere bei einem
Bezugsrechtsausschluss, massive Vermögensverluste erleiden und
verwässert werden würde. Herr Samwer kann diese Ermächtigungen
jedoch in der Regel nur mit Ihrer Zustimmung, sehr geehrte
Aufsichtsräte, ausnutzen. Deshalb steht es in Ihrer
Verantwortung, zu prüfen, ob eine solche Zustimmung im Sinne
aller Aktionäre und nicht nur zum Vorteil von Herrn Samwer
ist. Seien Sie versichert, dass wir jede Ihrer
Entscheidungen in Ihrer Eigenschaft als Aufsichtsräte im Hinblick
darauf würdigen werden, persönliche Haftung eingeschlossen!
Wir würden uns freuen, auf diesem Wege einen ersten Schritt zu
einem konstruktiven Dialog und einem fairen Miteinander
zwischen Verwaltung und Streubesitzaktionären getan zu haben. Ihrer
geschätzten Antwort sehen wir gerne entgegen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Georg Issels
Vorstand
Scherzer & Co. AG
Hans Peter Neuroth
Vorstand
Scherzer & Co. AG
08.07.2024 CET/CEST Veröffentlichung einer Pressemitteilung,
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