(neu: Streik-Verlängerung, Klage)

    BAD HERSFELD (dpa-AFX) - Verdi hat an mehreren deutschen
Amazon-Standorten   zu verlängerten Streiks bis
Heiligabend aufgerufen. Zugleich klagt die Gewerkschaft vor den
Verwaltungsgerichten Kassel und Leipzig gegen die von den Behörden für
die Standorte Bad Hersfeld und Leipzig bewilligte Sonntagsarbeit am 21.
Dezember. Die am Freitag eingereichte Klage sorge umgehend dafür, dass
der Online-Versandhändler an beiden Standorten bis auf weiteres keine
Sonntagsarbeit leisten dürfe, teilte Verdi mit. Amazon machte dazu
keine Angaben.

    Neben der juristischen Offensive intensiviert Verdi auch die
Streiks: Neben Graben (Bayern) wird der Ausstand über diesen Samstag
hinaus in Bad Hersfeld, Leipzig und Rheinberg (NRW) verlängert. An vier
von acht Standorten in Deutschland solle bis zum 24. Dezember (15.00
Uhr) die Arbeit niedergelegt werden, erklärte die Gewerkschaft.

    Mit der Klage an den Verwaltungsgerichten schlägt Verdi ein neues
Kapitel im Tarifkonflikt mit dem Branchen-Riesen aus den USA auf.
"Sonntagsarbeit, das hat erst kürzlich das Bundesverwaltungsgericht
festgestellt, ist allgemein nur in sehr streng geregelten
Ausnahmefällen gerechtfertigt, die im Fall Amazon aus unserer Sicht
nach dem Arbeitszeitgesetz nicht vorliegen", sagte
Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger.

    Im aktuellen Fall sei die Genehmigung besonders fragwürdig, weil
die Politik riskiere, das Neutralitätsgebot zu verletzen. "Staatliche
Behörden dürfen nicht einseitig und zugunsten von Amazon in einen
Arbeitskampf eingreifen", sagte Nutzenberger. Durch die Bewilligungen
hätten die Länder Hessen und Sachsen für Amazon die Möglichkeit
eröffnet, die streikbedingten Verzögerungen bei der Bearbeitung von
Bestellungen teilweise wettzumachen.

    In Werne (NRW) endet der Streik hingegen nach der Spätschicht am
Samstag. Zunächst war geplant gewesen, die Streiks am Samstag an fast
allen Standorten vorläufig zu beenden. Für Graben war dagegen bereits
bekannt, dass der Ausstand bis Heiligabend dauert. Die jüngste
Streikwelle hatte am Montag begonnen. Zusammen mit dem Standort Koblenz
waren zeitweise sechs von acht Standorten betroffen.

    Am Freitag beteiligten sich nach Gewerkschaftsangaben 2400
Beschäftigte bundesweit an den Streiks, laut Amazon waren es knapp
2000. Verdi-Chef Frank Bsirske sprach den Streikenden am Freitag in Bad
Hersfeld seine Unterstützung aus und ermutigte sie: "Mit den Streiks
werdet ihr Tarifverträge durchsetzen." Amazon, weltweit größter
Versandhändler, lehnt diese Tarifgespräche ab.

    Die verlängerten Streiks dürften für Amazon nicht überraschend
kommen. Eine Verdi-Sprecherin hatte in Berlin gesagt: "Amazon kann sich
nie sicher sein, wann und wie lange wir streiken."
Verdi-Gewerkschaftssekretär Karsten Rupprecht forderte am Freitagmorgen
in Rheinberg (NRW): "Wir müssen den Druck auf Amazon erhöhen." "Die
Mitarbeiter sind erbost, dass Amazon den Streik kleinredet. Schon
deshalb werden wir nicht nachlassen", sagte Verdi-Sprecher Thomas
Schneider in Leipzig.

    Amazon bekräftigte, dass der Streik auf den reibungslosen Versand
der Bestellungen keinen Einfluss habe. Das Unternehmen beschäftigt in
der Weihnachtszeit neben knapp 10 000 Mitarbeitern noch mal mehr als 10
000 Aushilfskräfte. Die Gewerkschaft sieht hingegen Hinweise auf
gestörte Betriebsabläufe bei Amazon. "Kunden berichten uns von
Lieferverzögerungen. Und unsere Leute sehen ja, was an Lieferungen an
den Standorten liegenbleibt."

    Die Gewerkschaft will bei Amazon einen Tarifvertrag zu den
Konditionen des Einzelhandels durchsetzen. Amazon lehnt das strikt ab.
Der US-Konzern sieht sich selbst als Logistiker. Die Bezahlung der
Mitarbeiter in den deutschen Versandlagern liege am oberen Ende dessen,
was in der Logistik-Branche üblich sei. Eine Einigung ist nicht in
Sicht - Verdi ruft seit 2013 immer wieder zu Ausständen auf./jpe/DP/stw