(neu: Zitate Finanzchef Luka Mucic, Aktienkurs, Details, Einordnung.)

    WALLDORF (dpa-AFX) - Europas größter Softwarekonzern SAP 
eilt weiter mit schnellen Schritten in die Cloud und will sich dabei
auch nicht von schwächeren Gewinnaussichten bremsen lassen. Das noch
junge Geschäft mit Mietsoftware über das Internet trägt mittlerweile
das Wachstum bei den Walldorfern. Der Schönheitsfehler: Weil immer mehr
Kunden das Abo-Modell wählen, entfallen die großen Einmalzahlungen
für herkömmlich installierte Software, Investitionen in Rechenzentren
kommen hinzu. Das Management um Vorstandschef Bill McDermott rechnet nun
aus dem operativen Geschäft mit rund 200 Millionen Euro weniger Gewinn,
wie das Dax-Unternehmen am Montag mitteilte.

    Am Markt sorgte das für Enttäuschung, die Aktie fiel bis zum
Mittag am Dax-Ende um mehr als vier Prozent. Vor Zinsen und Steuern
sowie um Sondereffekte und Währungsschwankungen bereinigt soll der
Gewinn am Jahresende nun zwischen 5,6 und 5,8 Milliarden Euro betragen.
Einige am Markt hatten bereits niedrigere Ziele erwartet. Aber das half
genauso wenig wie ein überraschend hoher bereinigter Cloud-Umsatz im
dritten Quartal von 278 Millionen Euro. Auch der Anstieg des
Nettogewinns um ein Sechstel auf 881 Millionen Euro hellte die Stimmung
der Anleger kaum auf. 

HÄNDLER UND ANALYSTEN: ABSEITS DES EBIT-AUSBLICKS SOLIDE ZAHLEN

    Allgemein schätzten Experten den Zwischenbericht aber verhalten
positiv ein. Denn eigentlich gibt die Entwicklung des Gesamtkonzerns dem
Vorstand Raum für den Umbau hin zum Cloud-Anbieter. Der Umsatz zog im
Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 5 Prozent auf 4,25 Milliarden Euro
an, die bereinigten Produkterlöse (SSRS) stiegen um 7 Prozent. Das
bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern wuchs um 5 Prozent. Beim
Cloudgeschäft hob der Vorstand erneut in den Ausblick, mit 1,04 bis
1,07 Milliarden Euro Umsatz soll es jetzt etwas mehr werden. Der
geplante 8,3 Milliarden US-Dollar teure Zukauf des
US-Reisekostenspezialisten Concur ist darin noch nicht enthalten. "In
der Vergangenheit haben wir bei Cloud-Zukäufen das Wachstum gesteigert.
Das ist auch bei Concur unser Anspruch", sagte Finanzchef Luka Mucic am
Montag. 

    Mucic rechnet damit, dass sich die starke Cloud-Nachfrage künftig
auch in den anderen Kennzahlen niederschlägt: "Der Auftragseingang in
der Cloud macht im Moment schon mehr als ein Drittel des Neugeschäfts
mit Softwarelizenzen aus. Das zeigt das zukünftige Potenzial bei Umsatz
und Ergebnis." Analyst Thomas Becker von der Commerzbank sieht zwar das
Wachstum bei SAP intakt, für ihn hängt aber nun etwas Unsicherheit
über dem Schlussquartal - in der IT-Industrie das wichtigste
Jahresviertel. SAP scheine sich besser zu entwickeln als der Wettbewerb,
urteilte Harald Schnitzer von der DZ Bank. Darauf legte auch Mucic Wert:
"Bei unseren Wettbewerbern ist immer die Rede davon, ob sie ihre
Verluste noch ausweiten - wir steigern unseren Gewinn."

RENNEN UM DIE BESTEN PLÄTZE IN DER CLOUD

    Konzernchef McDermott ließ keinen Zweifel daran, dass es ihm ernst
ist mit dem Umbau des Geschäftsmodells. Konkurrenten wie der
Vertriebsspezialist Salesforce und der Personaldienstleister Workday
sind schnell und wendig. Sie setzen den Weltmarktführer von
Unternehmenssoftware auch mit Kooperationen zunehmend unter Druck. Unter
anderem deswegen legt SAP für Concur viel Geld auf den Tisch. SAP ist
nach Ansicht von Mucic in der Lage, das Cloudgeschäft auf der Basis der
vorhanden Geschäfte auszubauen, ohne das Rad jedes Mal neu erfinden zu
müssen. "Wir brauchen nicht wie unsere reinen Cloud-Wettbewerber in
jedem neuen Markt eine neue Vertriebsmannschaft aufzustellen."

    Der Umbau ist nicht immer bequem, einige der weltweit zuletzt fast
69 000 Stellen fallen weg, die Mitarbeiter sollen neue Aufgaben
bekommen. Regional trumpfte der Anbieter in Asien auf, wo es zuletzt oft
schwächer lief. "In Lateinamerika hatten wir im dritten Quartal
Schwierigkeiten, insbesondere wegen der Unsicherheit rund um die
Präsidentschaftswahlen in Brasilien. In den USA dagegen hatten wir eine
sehr starke Geschäftsentwicklung", sagte Mucic. Die Kundenbeziehungen
in Russland seien belastbar, dennoch habe es leichte Einbußen im
Neugeschäft gegeben./men/enl/she