DETROIT (dpa-AFX) - General Motors  greift für die
Entschädigung von Opfern des jahrelang verschleppten
Zündschloss-Rückrufs tief in die Tasche. Der Opel-Mutterkonzern legt
400 Millionen US-Dollar (300 Mio Euro) dafür zur Seite. Die benötigte
Summe könne letztlich aber auf 600 Millionen Dollar ansteigen, teilte
GM am Donnerstag in Detroit mit. Die Schätzungen seien mit großen
Unsicherheiten behaftet.

    GM-Ingenieure hatten etwa ein Jahrzehnt lang Anzeichen für Mängel
bei 2,6 Millionen Kompaktwagen ignoriert. Die Zündschlüssel konnten
bei voller Fahrt in die "Aus"-Position zurückspringen. GM selbst geht
von 13 Toten bei Unfällen aus. Die Opferzahl könnte aber noch deutlich
höher liegen. Der Konzern hat einen Fonds aufgesetzt, um Hinterbliebene
oder Verletzte zu entschädigen.

    Der Skandal hatte die neue GM-Chefin Mary Barra dazu veranlasst,
Fahrzeuge des Konzerns systematisch auf Fehler hin zu untersuchen.
Mittlerweile gibt es 60 einzelne Rückrufe für annähernd 29 Millionen
Wagen weltweit. Erst am Mittwoch hatte GM weitere Wagen in die
Werkstätten gebeten wegen falsch befestigter Sitze, unzuverlässiger
Blinker und ausfallende Servolenkungen.

    Die veranschlagten Kosten für die Reparaturen plus die
Entschädigungen ließen den Konzerngewinn im zweiten Quartal auf unterm
Strich 190 Millionen Dollar einbrechen. Vor einem Jahr hatte GM in dem
Dreimonatszeitraum noch 1,2 Milliarden Dollar verdient. Die Rückrufe
hatten dem Konzern schon das erste Quartal verhagelt. Für mögliche
künftige Rückrufe kalkuliert GM vorsichtshalber rund 900 Millionen
Dollar ein.

    Trotz des Debakels, das fast ausschließlich Nordamerika betrifft,
bleibt der Heimatmarkt der Gewinnbringer für den Konzern aus Detroit.
Die US-Kunden hatten sich bis zuletzt nicht vom Kauf eines Chevrolet,
Buick, Cadillac oder GMC abschrecken lassen. Das grundlegende Geschäft
sei "stark", versicherte Barra. Der Konzernumsatz stieg leicht auf 39,6
Milliarden Dollar.

    Dazu trugen auch die Tochter Opel und ihre britische Schwestermarke
Vauxhall bei, die sich langsam aus der Krise kämpfen. Der Umsatz von GM
in Europa stieg von 5,6 Milliarden Dollar vor einem Jahr auf 6,0
Milliarden Dollar. Der Fahrzeug-Absatz legte um 3 Prozent auf 293 000
verkaufte Opels und Vauxhalls zu.

    Im zweiten Quartal 2014 schrieb GM in Europa allerdings noch ein
operatives Minus von 305 Millionen Dollar. Davon seien aber zwei Drittel
auf Sonderkosten vor allem für die Abwicklung des Bochumer Werks
zurückzuführen, erklärte der Konzern. Im Vorjahreszeitraum hatte GM
in Europa - damals noch mit der Marke Chevrolet, die Europa inzwischen
weitgehend verlassen hat - einen Verlust von 114 Millionen Dollar
ausgewiesen.

    In einem Rundbrief an die Mitarbeiter, der der dpa vorliegt, schrieb
Opel-Finanzvorstand Michael Lohscheller: "Im zweiten Quartal konnten wir
das operative Ergebnis stabilisieren. Allerdings schlagen erneut
substanzielle Sonderbelastungen zu Buche, die unser Ergebnis auch im
weiteren Jahresverlauf spürbar beeinflussen werden." Das Aus der
Autofertigung im Ruhrgebiet zum Jahresende kostet das Unternehmen mehr
als 600 Millionen Euro. Insgesamt zeigten die Ergebnisse, dass GM in
Europa weiter auf dem richtigen Weg sei, betonte Lohscheller.

    Dem Rivalen Ford   war es durch einen Stellenabbau
und neue Modelle gelungen, nach einer dreijährigen Durststrecke einen
operativen Quartalsgewinn in Europa von 14 Millionen Dollar
einzufahren./das/hqs/DP/jha