Airbus baut A400M-Programm um - Manager tritt ab
29 Januar 2015 - 7:35PM
DPA AFX Nachrichten
PARIS/MÜNCHEN (dpa-AFX) - Airbus zieht angesichts
der Pannenserie beim Militär-Transportflugzeug A400M die Reißleine.
Der Chef des Militärflugzeuggeschäfts wird ausgewechselt und das
Projekt gestrafft. Airbus-Konzernchef Thomas Enders räumte erneut
Fehler ein und kündigte Konsequenzen an.
Das A400M-Debakel bereitet Airbus schon seit Jahren Probleme. Die
Bundeswehr hatte erst im Dezember nach jahrelanger Verzögerung ihren
ersten Militärtransporter des Typs erhalten, für den das
Bundesverteidigungsministerium 161 Mängel auflistet.
Zu den Konsequenzen zählt, dass die zentrale Qualitätssicherung
der Rüstungssparte Defence & Space (D&S) eng an den industriellen Teil
des A400M-Programms gekoppelt werden soll. Eine neue Abteilung soll den
schnellen und direkten Kontakt zu den Kunden des Fliegers sicherstellen,
wie Airbus D&S am Donnerstag mitteilte.
Personelle Folgen gibt es an der Spitze von Airbus Military. Der
bisherige Chef, Domingo Ureña-Raso, gibt seinen Posten auf und wird
andere Aufgaben bei Airbus übernehmen. Nachfolger wird Fernando Alonso,
bisher für die Testflug-Programme der zivilen Flugzeugsparte
verantwortlich. Alonso ist laut Enders "der richtige Mann für die
Nachfolge". Er kenne das Flugzeug in- und auswendig. An der A400M müsse
noch viel getestet und entwickelt werden.
Nach den Worten von Enders ist das Debakel um die A400M "keine
Katastrophe" für den Konzern. "Aber wir haben Verspätung und können
unsere Versprechungen gegenüber den Kunden nicht erfüllen", räumte
der Konzernchef am Donnerstagabend in Paris ein. Die Kunden würden zu
Recht ungeduldig. Wichtiger als die personellen Konsequenzen seien aber
die organisatorischen Neuerungen. "Es geht nicht nur darum, jemanden zu
feuern und zu ersetzen, es geht um organisatorische Veränderungen".
Daran werde Airbus 2015 sehr intensiv arbeiten.
Finanzielle Folgen aus den Verspätungen sind laut Enders noch
unklar. Auch mögliche Strafzahlungen von Airbus an bestellende
Regierungen wollte Enders nicht beziffern. Ergebnisse sollten zur
Jahresbilanz am 27. Februar in München vorliegen. Erst am Mittwoch
hatte sich Enders in London für die teuren Pannen entschuldigt. In
Paris wollte Enders nicht sagen, wie viel Zeit er dem A400M-Programm
gebe. Gleichzeitig räumte er ein: "Natürlich bin ich am Ende
verantwortlich."
Airbus Military ist unter dem Dach von D&S für die militärischen
Flugzeugprogramme des Konzerns verantwortlich. D&S-Chef Bernhard Gerwert
erläuterte die Schritte den Mitarbeitern in einem Brief, der der
Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Darin räumt der Manager ein, dass
man hinter dem Zeitplan liege. Er appellierte an seine Mannschaft, alles
zu tun, um das Programm wieder in die Spur zu bringen.
Erst im Dezember hatte Airbus die erste Maschine mit vier Jahren
Verzögerung an die Bundeswehr ausgeliefert. Statt der ursprünglich
kalkulierten Kosten von 125 Millionen Euro verteuerte sich der Flieger
inzwischen auf 175 Millionen Euro pro Stück. Kunden sind neben
Deutschland auch die französische, die britische und die türkische
Luftwaffe.
Auch der Chef der Sparte Defence & Space unter deren Dach Airbus das
gesamte Militär und Raumfahrtgeschäft gebündelt hat, entschuldigte
sich bei den Kunden. Die Probleme würden nun rigoros angegangen. "Und
wir werden unser bestes tun, um sie zu überwinden", schrieb Gerwert.
Zu tun gibt es eine Menge: Allein das Verteidigungsministerium in
Berlin hat an der ersten A400M der Luftwaffe 161 Mängel aufgelistet.
Darunter ist auch die reduzierte Belastbarkeit der Laderampe. Noch immer
offen ist, wann die nächsten A400M an die Bundeswehr ausgeliefert
werden. Für dieses Jahr sind eigentlich fünf Maschinen geplant. Im
Verteidigungsausschuss des Bundestags und bei der Bundeswehr rechnet man
aber nur noch mit ein bis drei Exemplaren./sbr/DP/he