(neu: Bergung der Opfer abgeschlossen)

    FRANKFURT/PARIS (dpa-AFX) - Die Verkehrsfliegerschule der Lufthansa
 wusste während der Ausbildung des Copiloten der
Germanwings-Unglücksmaschine von einer früheren Depression. Das teilte
die Lufthansa eine Woche nach dem Absturz in Frankreich mit 150 Toten
mit. In einer E-Mail habe der damalige Flugschüler 2009 im Zusammenhang
mit der Wiederaufnahme seiner Ausbildung die Fliegerschule über eine
"abgeklungene schwere depressive Episode" informiert, hieß in der
Mitteilung des Unternehmens am Dienstagabend.

    Ein Video aus der Germanwings-Unglücksmaschine soll Medienberichten
zufolge Bilder aus den letzten Sekunden des Flugs 4U9525 zeigen. Eine
offizielle Bestätigung für die Existenz des Videos gab es zunächst
nicht. "Bild" und das französische Magazin "Paris Match" berichteten am
Dienstagabend, Mitarbeiter hätten die Sequenz ansehen können. Das
Video sei am Unglücksort von einer Person gefunden worden, die zum
Kreis der Ermittler gehöre. Der Zeitung zufolge ist die Szenerie an
Bord chaotisch und völlig verwackelt, einzelne Personen seien nicht
identifizierbar. Die Echtheit des Videos sei unzweifelhaft.

STAATSANWALT: VON VIDEO KEINE KENNTNIS

    Der Marseiller Staatsanwalt Brice Robin erklärte auf Anfrage der
Deutschen Presse-Agentur dagegen, er wisse nichts von einem solchen
Fund. Es seien eine Reihe von Handys gefunden worden, die noch
ausgewertet würden. Sie seien aufgrund des Aufpralls aber in einem sehr
schlechten Zustand. "Ich weiß nicht, ob sie ausgewertet werden
können." Er sei noch zwei Stunden zuvor vor Ort gewesen - da sei von
einem solchen Video nicht die Rede gewesen, sagte Robin.

    Zum Gesundheitszustand des Unglückspiloten war bereits
bekanntgewesen, dass er in seiner Ausbildung in der
Verkehrsfliegerschule eine Unterbrechung von mehreren Monaten gehabt
hatte. "Im Anschluss wurde dem Co-Piloten die erforderliche ärztliche
Flugtauglichkeit bestätigt", betonte die Lufthansa in ihrer Mitteilung.
Während seines Einsatzes am 24. März habe der Copilot ein "voll
gültiges Tauglichkeitszeugnis der Klasse 1" gehabt.

GOTTESDIENST IN HALTERN GEPLANT

    Der Airbus   war am 24. März auf dem Weg von
Barcelona nach Düsseldorf an einer Felswand in Frankreich zerschellt.
Der 27 Jahre alte Copilot wird verdächtigt, seinen Kollegen aus dem
Cockpit ausgesperrt und die Maschine mit Absicht in die Katastrophe
gesteuert zu haben. Nach Erkenntnissen der Ermittler war er vor Jahren
suizidgefährdet. Für den Unglückstag war er krankgeschrieben.

    In der besonders betroffenen westfälischen Stadt Haltern ist für
Mittwoch (17.00 Uhr) ein öffentlicher ökumenischer Gottesdienst in der
St.-Sixtus-Kirche geplant. Unter den Opfern der Tragödie sind 16
Schüler und 2 Lehrerinnen des Halterner Gymnasiums.

VERSICHERUNGEN STELLEN 300 MILLIONEN EURO ZURÜCK

    Für die Kosten der Germanwings-Katastrophe stellt ein
Versicherungskonsortium nach Angaben der Lufthansa 300 Millionen
US-Dollar (278 Millionen Euro) zurück. Das Geld sei gedacht für
Entschädigungszahlungen an die Hinterbliebenen, den zerstörten Airbus
A320 und Betreuungsteams, sagte ein Sprecher des Konzerns.

    Bundeskanzlerin Angela Merkel dankte Frankreich bei einem Besuch von
Präsident François Hollande und dessen Kabinett in Berlin für die
Unterstützung nach dem Unglück über Südfrankreich, bei dem auch 75
Deutsche starben.

BEHELFSSTRASSE FERTIG

    Bereits mehr als 450 Angehörige der Opfer sind seit dem Unglück in
die Region gereist. Das sagte die Präfektin des Bezirks
Alpes-de-Haute-Provence, Patricia Willaert, am Dienstag auf einer
Pressekonferenz.

    Unterdessen hat die Gendarmerie die Bergung der Opfer abgeschlossen.
"Es gibt keine Körper mehr in der Absturzzone", sagte Gendarm Jean-Marc
Ménichini am Dienstag der französischen Nachrichtenagentur AFP. Am
Mittwoch sollten nun persönliche Gegenstände der Toten geborgen
werden, außerdem geht die Suche nach dem zweiten Flugdatenschreiber
weiter. Aus Düsseldorf brach ein deutsches Ermittlerteam dorthin auf.
Die Ermittler können seit Dienstag über eine eigens errichtete
Behelfsstraße zu der Absturzstelle gelangen.

LUFTHANSA SAGT JUBILÄUMSFEIER AB

    Die Chefs von Lufthansa und Germanwings wollten am Mittwoch erneut
an der Absturzstelle der Germanwings-Maschine der Opfer des
Flugunglücks gedenken. Lufthansa-Chef Carsten Spohr und
Germanwings-Chef Thomas Winkelmann hätten außerdem geplant, in
Marseille erneut mit Angehörigen Opfer zusammenzukommen, sagte ein
Konzernsprecher.

    "Aus Respekt vor den Opfern des Absturzes von Flug 4U9525" sagte
Lufthansa die für den 15. April geplanten Feierlichkeiten zum 60.
Konzernjubiläum ab. Germanwings ist eine Tochter der Lufthansa.

    Hollande stellte die Identifizierung aller Opfer "bis spätestens
Ende der Woche" in Aussicht. Zuvor hatte das Kriminalinstituts der
französischen Gendarmerie in Pontoise erklärt, die eigentliche
Identifizierung, also die Zuordnung zu den Vergleichsdaten der
Angehörigen, könne zwei bis vier Monate dauern. Die Experten hatten
allerdings in Aussicht gestellt, dass die Entnahme von DNA-Proben bis
Ende der Woche abgeschlossen werden könnte./sem/DP/he