(neu: Debatte EU-Parlament)

    STRASSBURG/WASHINGTON (dpa-AFX) - Überlegungen des Europaparlaments
für eine stärkere Kontrolle von Suchmaschinen wie Google 
 sorgen für Unruhe in den USA. Hochrangige Mitglieder des
US-Kongresses zeigten sich in einem Brief an EU-Parlamentspräsident
Martin Schulz (SPD) alarmiert. Die US-Vertretung bei der Europäischen
Union erklärte auf Anfrage ebenfalls, man nehme das Vorhaben mit Sorge
zur Kenntnis. Das Parlament will am Donnerstag in Straßburg über eine
nicht bindende Resolution zum Thema abstimmen. Sie hat die
Unterstützung der großen Parteienfamilien. Die Debatte zum Thema am
Vorabend verlief allerdings durchaus kontrovers.

    Laut Entwurf wollen die Parlamentarier die EU-Kommission auffordern,
auch die "Entflechtung" von Suchmaschinen in Betracht zu ziehen. Zum
Nutzen von Verbrauchern und Online-Anbietern sei eine stärkere Trennung
von Suchmaschinen und ihren kommerziellen Angeboten zu erwägen. Dabei
haben die Volksvertreter insbesondere den amerikanischen
Branchengiganten Google im Visier, der nach EU-Angaben in einzelnen
EU-Ländern einen Marktanteil von mehr als 90 Prozent hat.

    Die EU-Kommission ermittelt seit mehreren Jahren gegen Google. Dabei
geht es größtenteils um Suchanzeigen in spezialisierten Bereichen wie
dem Kartendienst Maps, Preisvergleiche oder die Suche nach Hotels und
Restaurants. Der Verdacht lautet, dass Google eigenen Diensten in den
Suchergebnissen zu starken Vorrang einräumt.

    Der Vorstoß aus dem EU-Parlament ruft auch Spitzenpolitiker im
amerikanischen Kongress auf den Plan. "Wir sind zunehmend besorgt über
einen offensichtlichen Trend in der Europäischen Union, ausländische
Firmen in Bezug auf die Digitalwirtschaft zu diskriminieren", schrieben
die Vorsitzenden der Finanzausschüsse beider US-Kongresskammern in
einem auf den 25. November datierten Brief an EU-Parlamentspräsident
Schulz. "Wir sind alarmiert wegen Vorschlägen, die sich gegen
US-Technologiefirmen zu richten scheinen, Marktbarrieren schaffen und
Innovationen behindern."

    Derlei Vorwürfe wies der spanische liberale Europaabgeordnete Ramon
Tremosa, einer der Initiatoren des Entschließungsantrags, bei der
Debatte zum Thema am Abend im EU-Parlament zurück. "Wir sind nicht
gegen Google oder irgendwelche anderen US-Firmen. Wir sind gegen
Monopole", sagte er. "Wir wollen eine faire und neutrale (Internet)Suche
im Interesse der Verbraucher." Die SPD-Abgeordnete Evelyne Gebhardt
sprach von einer Verfälschung des Wettbewerbs im Internet.

    Mehrere Abgeordnete sprachen sich zwar für eine "neutrale"
Internetsuche aus, warnten aber vor politischem Druck auf
EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager, die für die
Untersuchungen gegen Google zuständig ist. "Diese Entschließung sollte
nicht (...) als Anweisung an die Wettbewerbskommissarin gelesen werden",
warnte die britische Konservative Vicky Ford. Die tschechische Liberale
Dita Charanzova mahnte, das Parlament müsse die Unabhängigkeit
Vestagers respektieren.

    Einige Parlamentarier warnten vor übermäßigen Eingriffen in das
Internet. Der polnische Christdemokrat Michal Boni appellierte: "Wir
sollten nicht nach einem Südenbock suchen, um unsere eigenen Schwächen
zu erklären."/hrz/mcm/DP/he