BAD NEUENAHR/BONN (dpa-AFX) - Die Tarifverhandlungen für die rund 140
000 Beschäftigten der Post sind am Samstag bis zum frühen Nachmittag
weiter vorangekommen. "Beide Seiten sind willens, Lösungen zu finden",
berichtete ein Post-Sprecher. Ob es noch am Samstag einen Durchbruch bei
den Gesprächen in Bad Neuenahr (Rheinland-Pfalz) geben könne, lasse
sich aber nur schwer vorhersagen.

    Ähnlich äußerte sich ein Sprecher der Gewerkschaft Verdi: "Es
wird weiter gearbeitet, aber die Einigung ist noch nicht in Sicht."
Manche strittigen Punkte seien noch gar nicht angesprochen worden.

    Gegen 14.00 Uhr hatte erneut eine direkte Sondierung mit Post- und
Verdi-Vertretern begonnen. Nach diesen Gesprächsphasen folgen stets
interne Beratungen in den Tarifkommissionen. Zu Details der
Verhandlungen wollten sich beide Seiten zunächst nicht äußern.

    Post und Verdi hatten zuvor vom Freitag- bis zum frühen
Samstagmorgen gegen 1.00 Uhr verhandelt. Um kurz nach 9.00 Uhr gingen
die Gespräche dann weiter. Währenddessen hielten die Streiks an. Laut
Verdi waren dabei am Samstag wieder rund 32 000 Beschäftigte im
Ausstand.

    Zentraler Streitpunkt ist die Ausgliederung regionaler
Paketgesellschaften bei schlechterer Bezahlung. Dort arbeiten rund 6500
Menschen, ihre Zahl soll steigen. Verdi lehnt das strikt ab.

    Die Regionalgesellschaften sind aber nur ein Punkt von vielen. Die
Gewerkschaft fordert 5,5 Prozent mehr Geld und eine
Arbeitszeitverkürzung von 38,5 auf 36 Stunden bei vollem Lohnausgleich
für die Postler. Sie bietet ein Entgegenkommen an, falls die Post die
Paketgesellschaften in den Haustarif aufnimmt. Das weist der Konzern als
"nicht verhandelbar" zurück, wie Vorstandschef Frank Appel vor
Verhandlungsbeginn noch einmal bekräftigt hatte.

    Außerdem geht es um eine mögliche Verlängerung des
Kündigungsschutzes, der zum Ende des Jahres ausläuft. Alle Teilfragen
würden im Gesamtpaket verhandelt, hieß es bei Verdi.

    Der inzwischen fast vierwöchige unbefristete Streik sorgt
inzwischen zunehmend für Beschwerden von Kunden. In manchen Städten
bleiben Briefe nach Schilderungen von Betroffenen wochenlang liegen.
Stark betroffen ist demnach zum Beispiel Berlin. Klagen kommen vor allem
von Online-Händlern, deren Lieferungen verspätet das Ziel erreichen
und die Probleme mit ihren Kunden bekommen.

    In der Bevölkerung findet der Ausstand einer Umfrage zufolge
insgesamt weiter Rückhalt. Wie das Meinungsforschungsinstitut YouGov in
einer am Freitag veröffentlichten Befragung ermittelte, haben 63
Prozent der Bundesbürger Verständnis für den Arbeitskampf. Nur 29
Prozent lehnen ihn kategorisch ab.

    Dabei hat fast die Hälfte der Bundesbürger inzwischen die
Auswirkungen des Streiks persönlich zu spüren bekommen. Insgesamt 42
Prozent der 1370 Befragten gaben an, durch den Tarifkonflikt bereits
wichtige Post zu spät erhalten zu haben./rs/DP/zb