BAD NEUENAHR/BERLIN (dpa-AFX) - Seit vier Wochen läuft der bundesweite
Poststreik, für den die Tarifparteien in Bad Neuenahr (Rheinland-Pfalz)
am Samstag weiter eine Lösung suchen. Viele Kunden wären heilfroh,
wenn Briefe und Pakete endlich wieder pünktlich ankämen. Ernstere
Probleme gibt es vor allem dort, wo die Post für die Beförderung
medizinischer Güter gebraucht wird. Manche Kunden wollen zur Konkurrenz
wechseln.

    Einige Splitter aus dem Alltag der vergangenen Streikwochen:

    - Eine Berliner Mutter klagt: "Wir warten seit über zwei Wochen auf
ein Paket mit einem via Ebay   gekauften
Tipp-Kick-Spiel. Unser Sohn wartet ungeduldig drauf."

    - Selbst wer für zwei Euro ein Buch auf Ebay versteigert hat, muss
sich täglichen Nachfragen von Käufern stellen, ob der Artikel denn
wirklich verschickt worden sei. In den Foren der Plattform berichten
Verkäufer auch davon, dass sie aus Angst vor negativen Bewertungen
inzwischen nichts mehr anbieten, bis der Streik ein Ende hat.

    - Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte beklagte vergangene
Woche, dass Karten mit Blutproben von neugeborenen Kindern nicht
rechtzeitig in den Laboren ankämen. Dadurch könne sich die Behandlung
von zum Teil lebensbedrohenden Stoffwechselkrankheiten verzögern.

    - Über eine Woche lang hat eine Familie aus Oberfranken auf die
Urne mit der Asche des verstorbenen Vaters gewartet. Das Paket war wegen
des Streiks bei der Post im Zustellstützpunkt in Neunkirchen am Brand
(Bayern) liegengeblieben.

    - Ein Zweitklässler aus Essen: "Ich hab meiner Patentante in
Münster vor über zwei Wochen geschrieben, was ich mir zum Zeugnis
wünsche. Jetzt haben wir schon eine Woche Ferien, sie hat den Brief
noch immer nicht - und ich kein Geschenk."

    - Der Online-Blumenhändler Marcel M.: "Ich versende Pflanzen und
konnte dieses DHL-Spielchen nicht mehr mitmachen. Es kamen Pakete erst
nach 3 Wochen an." Er habe daher den Versandpartner gewechselt und werde
auch nach dem Streik nicht zurückkehren. "DHL wird dauerhaft Kunden
verlieren."

- "Wir leiden", sagt Claudia Müller, die Sprecherin des
DRK-Blutspendedienstes West mit Sitz in Münster. Einladungen an
potenzielle Spender würden derzeit nicht versandt oder kämen nicht an.
"Und da wir ja nicht wissen, welche Briefe ausgetragen werden, können
wir auch nicht auf die Post verzichten." Die Zahl der Spender gehe
derzeit deutlich zurück, teilweise um ein Fünftel.

    - Beim Düsseldorfer Apotheker Volker Schmitz bleiben seit dem
Beginn des Poststreiks immer wieder Rezepte und Rechnungen liegen.
Sorgen bereitet ihm vor allem die Belieferung eines Altenheims, das
stets einen Wochenbedarf für seine Senioren bestellen muss. Vom Heim
bekommt Schmitz die Rezepte bisweilen auch per Fax, weil die
Briefträger streiken. "Da das Kopien sind, macht es allerdings auch die
Abrechnungen schwieriger", berichtet er. "Teilweise holen wir die
Rezepte auch mit dem Auto beim Arzt ab."

    - In Nürnberg rufen AOK-Mitarbeiter an, wenn zum Beispiel eine Kur
oder ein Rollstuhl genehmigt worden ist und der Versicherte darauf
wartet: "Dann weiß er schon, es ist genehmigt, und der Brief ist
unterwegs", sagt eine Sprecherin der Krankenkasse. "Bei
Widerspruchsbescheiden akzeptieren wir eine längere Frist. Wir rechnen
wegen des Poststreiks ein paar Tage dazu, aus Kulanz."

    - Die Verbraucherzentrale NRW rät verärgerten Post-Kunden, sich
über die Angebote der Konkurrenz zu informieren. Manche wichtige
Schreiben könne man auch per Fax mit Protokoll verschicken, sagt Julian
Graf, Jurist bei der Verbraucherzentrale - oder einfach selbst
zustellen. "Wer mit seiner Kündigung oder Rechnung selbst zum
Adressaten fährt, sollte sich die Zustellung aber quittieren lassen
oder einen Zeugen mitnehmen."/rs/brd/DP/zb