Börsen-Zeitung: Parität nicht in Sicht, Marktkommentar von Stefan
Schaaf
   Frankfurt (ots) - Der Euro war unter den großen Währungen lange so
etwas wie der Problembär - nicht nur wegen der Staatsschuldenkrise, 
sondern zuletzt auch wegen der für kontinentaleuropäische 
Verhältnisse sehr aggressiven geldpolitischen Lockerung. Der Fall des
Euro-Kurses von 1,40 Dollar vor noch gut einem Jahr auf Werte von nur
noch knapp über der Parität spricht Bände. Doch zuletzt konnte die 
Gemeinschaftswährung diese negative Rolle trotz des Kurses des 
griechischen Staatsschiffes Richtung Zahlungsunfähigkeit abstreifen. 
Stattdessen liegt derzeit der schwarze Peter am Devisenmarkt 
eindeutig beim Yen. Dies ist umso erstaunlicher, da die seit Frühjahr
2014 anhaltende Dollar-Rally zuletzt ausgelaufen ist und eine ganze 
Reihe Währungen Boden zum Greenback gutgemacht haben. Auf 
handelsgewichteter Basis hat bereits vor einigen Wochen die 
Aufwertung ein Ende gefunden, so Berechnungen von Morgan Stanley. 
Dabei zeigt sich, dass der Dollar eng mit dem Renditeabstand 
zweijähriger Treasuries zu den Anleihen dieser Laufzeit der 
G10-Länder (ohne USA) korreliert ist. G10 steht für die global zehn 
wichtigsten Währungen.

   Vorsprung schrumpft

   Nicht zuletzt der Renditesprung bei Euro-Staatsanleihen zu 
Monatsbeginn hat den Zinsvorsprung von US-Papieren weiter schrumpfen 
lassen. Zuletzt sinken in der Eurozone jedoch wieder die Renditen, 
während in der abgelaufenen Handelswoche Spekulationen über steigende
US-Leitzinsen wieder hochkamen, was nicht zuletzt den Yen belastete. 
Zum Euro bewegte sich der Dollar hingegen so gut wie nicht. Wie geht 
es also weiter mit dem global wichtigsten Währungspaar? 
Möglicherweise werden sich die jüngsten Schwankungen einfach 
fortsetzen, so dass Analysten von einer volatilen Seitwärtsbewegung 
sprechen werden. Wahrscheinlicher ist jedoch ein Ausbruch - über die 
Richtung ist der Markt gespalten. Grob gesagt gibt es zwei 
grundsätzliche, aber divergierende Erwartungshaltungen zum 
Euro-Dollar-Kurs. Im Kern geht es um die Frage, ob der Euro unter die
Parität zum Dollar fällt oder nicht, also für einen Euro künftig 
weniger als ein Dollar gezahlt werden muss. Während die DZ Bank 
dieser Tage von der Prognose der Parität Abstand genommen hat und nun
auf Zwölfmonatssicht eine Euro-Aufwertung erwartet, hält die Deutsche
Bank an ihrer Skepsis fest und prognostiziert noch für dieses Jahr 
den Fall unter die Parität. Bei Morgan Stanley sieht man es ähnlich, 
dort lautet das Kursziel für das vierte Quartal 98 US-Cent je Euro.

   Schwaches US-Wachstum

   Analysten wie die der Deutschen Bank oder von Morgan Stanley 
erwarten eine erneute Euro-Abwertung, weil sie auf eine zügige 
Wiederbelebung des US-Wirtschaftswachstums hoffen. Die andere Seite 
beruft sich hingegen auf zuletzt schwache Wirtschaftsdaten aus den 
USA bei gleichzeitig einer Reihe positiver Überraschungen in der 
Eurozone. Diese Seite, zu der neben der DZ Bank auch HSBC zählt, 
erwartet eine Trendwende beim Euro-Kurs.

   Rückenwind dürfte diese Gruppe in ihrer Argumentation von den 
jüngsten Wachstumsdaten aus den USA bekommen. Dort ist das 
Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal um 0,7% geschrumpft. Zudem 
fiel der wichtige Chicago-Einkaufsmanagerindex unter die 
Expansionsschwelle. Noch ein schwaches Quartal, und die USA stecken 
offiziell in der Rezession. Dann wird ein viertes Anleihekaufprogramm
(QE4) wahrscheinlicher als eine Zinserhöhung, die Parität wäre dann 
nicht in Sicht.

   Euro-Schwemme

   So weit ist es sicherlich noch nicht, aber die US-Konjunktur 
spricht derzeit nicht für einen deutlich stärkeren Dollar. Allerdings
könnte der Euro aus anderen Gründen schwächeln. Die Währungsanalysten
der Deutschen Bank sprechen von der Euro-Schwemme. Weil es in der 
Eurozone kaum noch Zinsen gibt, könnten die hohen Sparvermögen - 
insbesondere der Deutschen - auf Renditejagd in alle Welt gehen. Dann
würde auch der Euro geschwächt werden.

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