MÜNCHEN/BERLIN (dpa-AFX) - Der Internetversandhändler Amazon
  versteuert seine in Deutschland erwirtschafteten
Gewinne seit neuestem in Deutschland. "Seit 1. Mai verbucht Amazon seine
deutschen Verkäufe nicht mehr wie bisher in Luxemburg, sondern in
Deutschland", sagte ein Sprecher der "Süddeutschen Zeitung". Er
begründet die Umstellung nicht mit der wachsenden Kritik an der
Konzernpraxis. "Wir überprüfen regelmäßig unsere Firmenstrukturen,
um sicherzustellen, dass wir unsere Kunden bestmöglich bedienen
können", sagte der Sprecher vielmehr. Offen bleibt indes, ob und wie
kräftig es beim deutschen Fiskus in der Kasse klingelt.

    Die Ausnutzung von Steuervorteilen bei multinationalen Konzernen ist
der EU-Kommission seit längerem ein Dorn im Auge. Neben Luxemburg hat
Brüssel wegen extrem lukrativer Steuervorteile für internationale
Großkonzerne auch Irland und die Niederlande im Visier.
Spektakulärster Fall ist eine Untersuchung gegen die Steuermodelle in
Luxemburg ("Luxleaks"). Konzerne haben dort zum Teil Steuersätze von
weniger als einem Prozent auf die nach Luxemburg verlagerten Gewinne
erhalten. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker steht dabei unter
Druck, weil er dort 18 Jahre lang Regierungschef war. Als Präsident der
EU-Kommission hat er nun Steuersparmodellen den Kampf angesagt.

    Auch auf der Ebene der führenden Industrie- und Schwellenländer
(G20) und der Industriestaaten-Organisation OECD wird daran gearbeitet,
Steuerschlupflöcher zu stopfen.

    Amazon investiert traditionell massiv in den Ausbau des Geschäfts
und fährt deshalb bestenfalls schmale Gewinne ein. Weltweit fuhr Amazon
bei einem Umsatzplus von 20 Prozent auf 89 Milliarden Dollar einen
Verlust von 241 Millionen Dollar ein, nach einem Gewinn von 274
Millionen Dollar ein Jahr zuvor. Für Deutschland veröffentlichte
Amazon nur Zahlen zur Umsatzentwicklung im gesamten Jahr. Die Erlöse
wuchsen demnach um gut 13 Prozent auf 11,92 Milliarden Dollar. Amazon
erklärte die Zahlen nicht weiter, so das offen bleibt, ob hierzulande
überhaupt steuerpflichtige Gewinne anfallen.

    Auch im ersten Quartal 2015 arbeitete Amazon wieder mit Verlust. Es
gab ein Minus von 57 Millionen Dollar nach einem Gewinn von 108
Millionen Dollar vor einem Jahr. Der Umsatz wuchs um 15 Prozent auf
22,72 Milliarden Dollar./rh/kf/DP/he