Börsen-Zeitung: Sprengkraft im Streichelzoo, Kommentar zum
Sparkassensektor von Bernd Wittkowski
   Frankfurt (ots) - In der Sparkassengruppe wird zuweilen über die 
Deutsche Bank gelästert, die gerade dabei sei, in die Brüche zu 
gehen. Die Gefahr besteht sicher. Doch müssen die 
Öffentlich-Rechtlichen aufpassen, dass nicht sie die Ersten sind, die
sich selbst zerlegen. Vielversprechende Ansätze dafür sind erkennbar.
Der hessisch-thüringische Verbandschef Gerhard Grandke ist zwar als 
Offenbacher und langjähriger Oberbürgermeister der Nachbarstadt 
Frankfurts Auseinandersetzungen mit härteren Bandagen gewöhnt. Jene 
zwischen dem Verbandsgebiet Westfalen-Lippe und dem Rest der Gruppe 
sieht der kampferprobte Taekwondoin deshalb erst auf dem Niveau eines
"Streichelzoos" (was, ehrlich gesagt, ungemein neugierig macht auf 
die Zeit, in der auch nach Grandkes Verständnis die Fetzen fliegen).

   Aber objektiv betrachtet hat der Streit über die Neuordnung des 
Haftungsverbundes bereits jetzt enorme Sprengkraft. In der 
Organisation sind ja jede Menge Alphatiere unterwegs. Wenn die außer 
Rand und Band geraten, besteht immer die Gefahr, dass eine Fehde 
unversehens Eigendynamik entwickelt und aus dem Ruder läuft. Obacht! 
Die Beteiligten tragen ihre Händel coram publico und damit vor allem 
auch vor den Augen der (europäischen) Bankenaufseher aus. Gut 
möglich, dass die nur auf die passende Gelegenheit warten, den 
Deutschen mit ihrem missliebigen, im Ausland ohnehin unverstandenen 
stark öffentlich-rechtlich gefärbten Dreisäulensystem und den 
ständigen Sonderwünschen bei Regulierungsthemen endlich mal am Zeug 
flicken zu können.

   In der Sache ist die Forderung des westfälisch-lippischen 
Verbandsoberen Rolf Gerlach nach Deckelung der Haftung seiner 
Mitgliedsinstitute für Landesbanken voll daneben. Die NRW-Sparkassen 
sitzen auf WestLB-Altlasten? Gewiss. Aber haben die anderen Regionen 
den desaströsen Untergang der Düsseldorfer Landesbank zu 
verantworten? Das Beispiel der Haftungsbegrenzung würde schnell 
Schule machen. Sparkassen in anderen Bundesländern haben auch ihre 
Landesbanken gestützt. Am Ende sollen dann wohl nur die hessischen, 
thüringischen und saarländischen Institute voll haften. Im Übrigen 
ist keineswegs ausgemacht, welche "Fraktion" - Sparkassen oder 
Landesbanken - in einigen Jahren am meisten auf einen starken 
Haftungsverbund angewiesen sein wird. Der Ertragstrend könnte eher 
gegen die Sparkassen laufen.

   Namentlich Gerlach sollte mithin abrüsten - schon im Interesse 
seiner Mitgliedssparkassen. Er kann nur verlieren. Die Drohung mit 
einem westfälisch-lippischen Sonderweg hat etwas geradezu 
Varoufakishaftes.

OTS:              Börsen-Zeitung
newsroom:         http://www.presseportal.de/pm/30377
newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2

Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de