OTS: Börsen-Zeitung / Börsen-Zeitung: Sprengkraft im Streichelzoo, Kommentar ...
03 März 2015 - 07:17PM
DPA AFX Nachrichten
Börsen-Zeitung: Sprengkraft im Streichelzoo, Kommentar zum
Sparkassensektor von Bernd Wittkowski
Frankfurt (ots) - In der Sparkassengruppe wird zuweilen über die
Deutsche Bank gelästert, die gerade dabei sei, in die Brüche zu
gehen. Die Gefahr besteht sicher. Doch müssen die
Öffentlich-Rechtlichen aufpassen, dass nicht sie die Ersten sind, die
sich selbst zerlegen. Vielversprechende Ansätze dafür sind erkennbar.
Der hessisch-thüringische Verbandschef Gerhard Grandke ist zwar als
Offenbacher und langjähriger Oberbürgermeister der Nachbarstadt
Frankfurts Auseinandersetzungen mit härteren Bandagen gewöhnt. Jene
zwischen dem Verbandsgebiet Westfalen-Lippe und dem Rest der Gruppe
sieht der kampferprobte Taekwondoin deshalb erst auf dem Niveau eines
"Streichelzoos" (was, ehrlich gesagt, ungemein neugierig macht auf
die Zeit, in der auch nach Grandkes Verständnis die Fetzen fliegen).
Aber objektiv betrachtet hat der Streit über die Neuordnung des
Haftungsverbundes bereits jetzt enorme Sprengkraft. In der
Organisation sind ja jede Menge Alphatiere unterwegs. Wenn die außer
Rand und Band geraten, besteht immer die Gefahr, dass eine Fehde
unversehens Eigendynamik entwickelt und aus dem Ruder läuft. Obacht!
Die Beteiligten tragen ihre Händel coram publico und damit vor allem
auch vor den Augen der (europäischen) Bankenaufseher aus. Gut
möglich, dass die nur auf die passende Gelegenheit warten, den
Deutschen mit ihrem missliebigen, im Ausland ohnehin unverstandenen
stark öffentlich-rechtlich gefärbten Dreisäulensystem und den
ständigen Sonderwünschen bei Regulierungsthemen endlich mal am Zeug
flicken zu können.
In der Sache ist die Forderung des westfälisch-lippischen
Verbandsoberen Rolf Gerlach nach Deckelung der Haftung seiner
Mitgliedsinstitute für Landesbanken voll daneben. Die NRW-Sparkassen
sitzen auf WestLB-Altlasten? Gewiss. Aber haben die anderen Regionen
den desaströsen Untergang der Düsseldorfer Landesbank zu
verantworten? Das Beispiel der Haftungsbegrenzung würde schnell
Schule machen. Sparkassen in anderen Bundesländern haben auch ihre
Landesbanken gestützt. Am Ende sollen dann wohl nur die hessischen,
thüringischen und saarländischen Institute voll haften. Im Übrigen
ist keineswegs ausgemacht, welche "Fraktion" - Sparkassen oder
Landesbanken - in einigen Jahren am meisten auf einen starken
Haftungsverbund angewiesen sein wird. Der Ertragstrend könnte eher
gegen die Sparkassen laufen.
Namentlich Gerlach sollte mithin abrüsten - schon im Interesse
seiner Mitgliedssparkassen. Er kann nur verlieren. Die Drohung mit
einem westfälisch-lippischen Sonderweg hat etwas geradezu
Varoufakishaftes.
OTS: Börsen-Zeitung
newsroom: http://www.presseportal.de/pm/30377
newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de