Börsen-Zeitung: Italowestern, Kommentar zum Stabilitätspakt von Detlef
Fechtner
   Frankfurt (ots) - Sergio Leone hätte es nicht spannender 
inszeniert. Vorige Woche haben die Euro-Staaten Budgetentwürfe nach 
Brüssel geschickt. Erstmals hat die EU-Kommission nun das Recht (und 
die Pflicht), Pläne zur Überarbeitung zurückzusenden, die eklatant 
gegen den erneuerten, strikteren Pakt verstoßen.

   Der Zeitplan für den Briefverkehr ist stramm. Es geht nicht um 
Monate, sondern um Tage. Das macht die Angelegenheit so filmreif. 
Fast stündlich entwickelt sich der Plott weiter. Vorgestern musste 
die EU-Kommission den Regierungen blaue Briefe senden, die 
vereinbarte Ziele zu verfehlen drohen. Brüssel ließ nur wissen, man 
stehe mit "einigen" Hauptstädten in Kontakt. Italien ging indes in 
die Offensive und veröffentlichte das Mahnschreiben. Seither läuft 
ein echter Italowestern.

   Die Stimmung ist gereizt. Heute werden beim "Euro-Gipfel" nochmals
Annäherungen ausgelotet, der Spielraum aber ist angesichts riesiger 
und seit Jahren steigender Schuldenquote klein. So läuft alles auf 
einen Showdown nächste Woche hinaus. Zwei Szenarien sind vorstellbar.
Ringt sich Brüssel durch, die Haushaltspläne von Italien - und 
genauso zwingend: von Frankreich - als ungenügend zurückzuweisen und 
Defizitverfahren neu zu eröffnen (Rom) oder zu verschärfen (Paris), 
ist mit einer großen Ballerei zu rechnen. Italiener und Franzosen 
werden sich dann auf die EU einschießen und über Austeritäts- und 
Kaputtspar-Diktat klagen. Neu ist, dass sie dann nicht mehr nur 
Deutsche gegen sich haben, sondern auch Griechen, Portugiesen, 
Spanier. Die sehen nämlich nicht ein, dass Rom und Paris ständig 
"Flexibilitäten" beschwören, um unbeliebte Entscheidungen - anders 
als die geläuterten Nachbarn - zu verzögern. Gewiss, kleinere 
Sondergeschenke im Zuge des 300-Mrd.-Investitionsprogramms werden die
Euro-Partner spendieren, damit François Hollande und Matteo Renzi 
nicht mit leeren Händen vor dem heimischen Publikum stehen. Aber 
darüber hinaus ist das Mitgefühl arg begrenzt.

   Ein anderes Filmende sieht so aus: Frankreich und Italien 
versprechen abermals Besserung und stellen einige Hoffnungswerte in 
Aussicht. Die EU-Kommission lenkt jäh ein und fällt ein mildes Urteil
ohne Folgen für die Defizitverfahren. Die Konsequenz wäre, dass 
Junckers EU-Kommission noch vor Beginn der Amtszeit blamiert und die 
Hoffnung auf ein robustes Regelwerk als Lehre aus der Krise zerstört 
wäre. Käme es dazu, sollte sich die EU bei der Titelsuche für diesen 
Schinken am besten gleich bei Sergio Leone bedienen: Zwei glorreiche 
Halunken.

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