MÜNCHEN (dpa-AFX) - Staatliche Behörden haben in den vergangenen 15
Monaten private Konten so oft durchleuchtet wie noch nie. Dies geht nach
Informationen der "Süddeutschen Zeitung" (Freitag) aus Zahlen des
Bundesfinanzministeriums hervor. Danach ließen neben den Finanzämtern
besonders häufig Gerichtsvollzieher prüfen, wer über welche Konten
oder Wertpapierdepots verfügt.

    Das zuständige Bundeszentralamt für Steuern habe 2013 knapp 142
000 dieser Kontenabfragen verzeichnet, heißt es in dem Bericht. Die
Zahl habe sich damit im Vergleich zu 2012 verdoppelt. Im ersten Quartal
des neuen Jahres sei sie weiter gewachsen - von gut 24 000 auf mehr als
48 000 Anfragen.

    Seit 2005 haben Behörden die Möglichkeit, Kontodaten abzufragen,
um etwa Sozialkassen- oder Steuerbetrüger aufzuspüren. Die Anfragen
dürfen Steuerbehörden ebenso stellen wie die für die
Hartz-IV-Empfänger verantwortlichen Jobcenter oder Ämter, die für die
Genehmigung von Bafög, Sozialhilfe und Wohngeld zuständig sind. Sie
können Name, Geburtsdatum, Adresse und Kontonummer des Bankkunden,
nicht aber den Kontostand in Erfahrung bringen.

    Der Kreis der Zugriffsberechtigten wurde im Laufe der Jahre immer
mehr erweitert, seit Anfang 2013 gehören auch Gerichtsvollzieher dazu.
Sie dürfen Auskünfte bei der Rentenversicherung, beim Bundeszentralamt
für Steuern und beim Kraftfahrt-Bundesamt über Arbeitsverhältnisse,
Konten und Fahrzeuge einholen, wenn sich die Ansprüche des Gläubigers
auf mehr als 500 Euro belaufen.

    Dieses Instrument werde vor allem bei unkooperativen Schuldnern
genutzt, die keine Vermögensauskunft vorgelegt haben, sagte Detlef
Hüermann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen
Gerichtsvollzieherbunds, der "Süddeutschen Zeitung".

    Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff sieht die amtliche
Neugierde kritisch. Prüfungen der Aufsichtsbehörden hätten ergeben,
dass oft sogar die Begründungen für den konkreten Abruf fehlten und
die Betroffenen nicht benachrichtigt würden, kritisierte sie. Voßhoff
sieht den Gesetzgeber deshalb "in der Pflicht, die Befugnis zum
Kontenabruf zu überprüfen und auf das unbedingt erforderliche Maß
zurückführen"./wn/DP/jha